Er hält Vorurteile gegenüber MINT-Fächern für ein großes Problem und sieht schwierige Zeiten auf uns zukommen, wenn die dramatische Fachkräftelücke bestehen bleibt: Dr. Volker Schmidt, Aufsichtsratsvorsitzender der IdeenExpo, spricht im Interview über die Bedeutung von MINT-Berufen, Aha-Effekte bei Jugendlichen und er erklärt, warum schon im Kindergarten das Grundinteresse an Technik und Naturwissenschaften bei Kindern gelegt werden muss. Mit ihm sprach Lisa Malecha.
Herr Dr. Schmidt, die IdeenExpo setzt sich seit über 16 Jahren dafür ein, dass junge Menschen einen Beruf in den Bereichen Mathematik, Informatik, Technik und Naturwissenschaften (MINT) ergreifen. Hat dieses Engagement inzwischen sogar noch an Bedeutung gewonnen?
Auf jeden Fall, weil der stetig steigende Fachkräftemangel zu einer echten Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland, aber auch für die Transformation wird. Nicht nur, dass die Fachkräftelücke dramatisch steigt, wir verzeichnen aktuell auch noch eine sinkende Zahl der Studienanfänger in den MINT-Fächern. Und das Problem wird größer, weil die geburtenstarken Jahrgänge jetzt nach und nach in Rente gehen.
Laut MINT-Report des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hat sich die Arbeitskräftelücke in Berufen rund um MINT von knapp 277.000 Personen im Herbst 2021 auf mehr als 320.000 im Herbst 2022 vergrößert. Diese Zahlen müssen ein Weckruf sein: Es muss etwas passieren!
Denn MINT-Fachkräfte sind für eine zukunftsfähige Gesellschaft unabdingbar: Ohne Solartechniker, ohne Klimatechniker, ohne Fachkräfte für Kreislaufwirtschaft wird es für uns in Zukunft als Industrieland schwierig werden. Wie sollen wir ohne die nötigen Technikerinnen und Techniker eine Wärmewende schaffen und sechs Millionen Wärmepumpen bis zum Jahr 2030 installieren?
Unsere Zukunft hängt an den Fachkräften, oder drastischer ausgedrückt: Keine Fachkräfte – keine Zukunft! Schon allein deshalb ist die IdeenExpo heute wichtiger denn je.
Hoher Nerd-Faktor, zu kompliziert, langweilig – viele Klischees lasten auf dem MINT-Bereich und sorgen dafür, dass viele Jugendliche den Einstieg in diese Branchen scheuen. Wie können diese Vorurteile bekämpft werden?
Diese Vorurteile sind ein echtes Problem und sie sind einfach nur ärgerlich: Auf der einen Seite erkennen Jugendliche, dass MINT-Berufe – etwa in den Bereichen Umwelt, IT und Naturwissenschaften – unverzichtbar für die Gesellschaft sind, und dass sie genau hier eine Chance haben, die Zukunft mitzugestalten. Auf der anderen Seite kann sich nur bis zu einem Fünftel der jungen Menschen vorstellen, in einem dieser Bereiche zu arbeiten. Das geht aus einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach hervor (Link setzen). Ein bisschen schizophren ist das schon.
Aber das ist das Resultat von Vorurteilen und Klischees, die auf dem MINT-Bereich lasten. Diesen traditionellen Vorbehalten gegenüber MINT-Berufen stellen wir uns als IdeenExpo entgegen. Wir wollen zeigen: MINT ist hochspannend, das sind echt abwechslungsreiche Berufe, die Spaß machen und Anerkennung geben.
Mit der IdeenExpo stellen wir die Verbindung zwischen „Finde ich wichtig und spannend“ und „in diesem Bereich finde ich meinen Traumjob“ her. Wir sorgen für einen Aha-Effekt bei Jugendlichen - sie erleben hautnah, was alles hinter MINT steckt, sie können ausprobieren, Stärken an sich entdecken, die sie vorher vielleicht noch gar nicht gekannt haben und sehen vor allem: Naturwissenschaften und Technik, das hat auch beruflich einen hohen Spaßfaktor, die Aufgaben sind vielfältig und nie langweilig.
Doch es muss schon viel früher angesetzt werden: Schon im Kindergarten sollte ein Grundinteresse an Technik und Naturwissenschaften gelegt werden. Auch in der Schule muss viel stärker die Faszination von MINT vermittelt werden. Wir zeigen ja auf der IdeenExpo, wie das geht.
Was tut die IdeenExpo 2023 und 24 ganz konkret, um junge Menschen für MINT zu begeistern und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken?
Wir haben uns vorgenommen den Fachkräftemangel noch mehr in den Fokus zu nehmen – nicht abstrakt, sondern ziemlich konkret. Im neuen „Mach doch einfach“-Newsletter, auf der Website und in den sozialen Medien werden wir ständig darüber informieren, wie Unternehmen aktiv auf junge Menschen zugehen, wie sie sich bei der Fachkräfte-Akquise engagieren und was für faszinierende Jobs in den Unternehmen auf junge Menschen warten. Wir werden schon in diesem Jahr mit unserer Roadshow starten, und wir sind natürlich schon längst auf dem Weg zur IdeenExpo 2024. Am 8. Juni im nächsten Jahr geht’s los – dann werden wir neun Tage lang auf dem Messegelände Hannover Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik erlebbar machen. Die IdeenExpo findet im kommenden Jahr zum neunten Mal statt, und sie wächst und wächst. Offen gesagt, wir, die Veranstalter, zählen schon die Tage bis zum Start.